Der Anwaltsgerichtshof als gesetzlicher Richter

Der Bundesgerichtshof hat aktuell nochmals die Eigenschaft des Anwaltsgerichtshofs als gesetzlicher Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) betont.

Der Anwaltsgerichtshof als gesetzlicher Richter

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs[1] und des Bundesverfassungsgerichts[2] handelt es sich bei den Anwaltsgerichtshöfen um grundgesetzmäßige unabhängige staatliche Gerichte.

Letzteres gilt ebenso für den Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs[3].

Damit steht für den Bundesgerichtshof auch die Eigenschaft des Anwaltsgerichtshofs als gesetzlicher Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG außer Frage.

Hieran ändern auch die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen und auf die gesetzlich vorgesehene Mitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern bezogenen Verfassungsbeschwerden nichts. Diese Verfassungsbeschwerden erfordern, wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend angenommen hat, insbesondere nicht eine Aussetzung des vorliegenden Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass die gesetzlich vorgesehene Pflichtmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern mit dem Grundgesetz vereinbar ist[4]. Durchgreifende Gründe, die eine Änderung dieser Rechtsprechung erwarten ließen, sieht der Bundesgerichtshof nicht.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vermochte die klagende Rechtsanwältin auch nicht mit ihrer ebenfalls auf Art. 101 GG gestützten Rüge dazulegen, der Geschäftsverteilungsplan des – aus sieben Rechtsanwälten und drei Berufsrichtern bestehenden – 1. Bundesgerichtshofs des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen sehe für die Sachbehandlung keine Spruchkörper vor, sondern lediglich eine Regelung der Terminsbeteiligung der Bundesgerichtshofsmitglieder. Die Rechtsanwältin meint, dass es deshalb an einer richterlichen Zuständigkeit im Vorfeld eines Verhandlungstermins fehle, wenn nicht der Vorsitzende sogleich einen Termin bestimme, und dass zudem andere Richter zuständig würden, wenn der Vorsitzende einen anderen als den theoretisch möglichen früheren Verhandlungstermin bestimme und diesem Termin andere Richter zugeteilt seien. Die Rechtsanwältin zeigt indes nicht auf, inwiefern die von ihr angegriffenen Gesichtspunkte des Geschäftsverteilungsplans im vorliegenden Fall zum Tragen gekommen seien. Damit fehlt es bereits an der erforderlichen Entscheidungserheblichkeit[5] der von der Rechtsanwältin insoweit als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen.

Soweit die Rechtsanwältin schließlich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache daraus herleiten will, dass verwaltungsrechtliche Anwaltssachen nicht durch die aus ihrer Sicht sachnähere Verwaltungsgerichtsbarkeit entschieden werden und die Bundesrechtsanwaltsordnung für die Mitglieder der Anwaltsgerichtsbarkeit besondere Kenntnisse auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts nicht vorschreibe, verkennt sie die bereits seit langem höchstrichterlich erfolgte Klärung, dass der Gesetzgeber bei der Zuweisung verwaltungsrechtliche Anwaltssachen an die Anwaltsgerichtsbarkeit innerhalb des ihm verfassungsrechtlich zukommenden Spielraums gehandelt hat[6].

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. November 2016 – AnwZ (Brfg) 61/15

  1. vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 07.10.2003 – AnwZ (B) 38/02 4, 10; vom 06.11.2006 – AnwZ (B) 87/05 7; vom 11.05.2010 – AnwZ (B) 110/09 4; jeweils mwN; vgl. bereits BGH, Beschlüsse vom 06.02.1961 – AnwZ (B) 9/60, BGHZ 34, 235, 238 ff.; vom 06.03.1961 – AnwZ (B) 11/60 4, insoweit in BGHZ 34, 342 nicht abgedruckt; vom 20.03.1961 – AnwZ (B) 15/60, BGHZ 34, 382, 384 und 386 f.; vom 13.07.1964 – AnwSt (B) 3/64, NJW 1964, 1912; jeweils zu den früheren anwaltlichen Ehrengerichtshöfen[]
  2. vgl. nur BVerfG, NJW 2006, 3049, 3050 mwN[]
  3. vgl. BGH, Beschlüsse vom 20.03.1961 – AnwZ (B) 15/60, aaO, S. 385 ff.; vom 13.07.1964 – AnwSt (B) 3/64, aaO; vom 07.10.2003 – AnwZ (B) 38/02, aaO Rn. 10; BVerfG, NJW 1969, 2192[]
  4. vgl. nur BVerfGE 15, 235, 239 ff.; BVerfG, NVwZ 2002, 335, 336 f.; jeweils mwN; siehe auch BVerwGE 107, 169, 170 ff.; 122, 344, 349 f.; jeweils mwN[]
  5. vgl. hierzu nur BGH, Beschlüsse vom 04.02.2016 – AnwZ (Brfg) 59/15 10; vom 17.03.2016 – AnwZ (Brfg) 6/16 10; jeweils mwN[]
  6. vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 20.03.1961 – AnwZ (B) 15/60, BGHZ 34, 382, 386 f.; vom 07.10.2003 – AnwZ (B) 38/02 4; BVerfG, NJW 1969, 2192[]