Zulassung als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Das Verfahren auf Zulassung als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof ist ein gestuftes Verwaltungsverfahren[1]. Die Entscheidung darüber, welche Bewerber dem Wahlausschuss vorgeschlagen werden, obliegt der Bundesrechtsanwaltskammer sowie der Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof (§ 166 BRAO). Aus deren Vorschlagslisten benennt der Wahlausschuss dem Bundesministerium der Justiz die doppelte Zahl von Rechtsanwälten, die er für die Zulassung beim Bundesgerichtshof für angemessen hält (§ 168 Abs. 2 BRAO).

Zulassung als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Hierbei steht dem Wahlausschuss ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum sowohl bezüglich der Angemessenheit der Zulassungen als auch der Eignung der Bewerber im Rahmen der Bestenauslese zu[2]. Über die Zulassungen entscheidet dann das Bundesministerium der Justiz (§ 170 Abs. 1 BRAO). Dieses ist an die Wahl des Ausschusses im Rahmen von § 164 BRAO gebunden. Danach kann als Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof zugelassen werden, wer durch den Wahlausschuss benannt wird; dementsprechend sind auch nur die Anträge dieser Personen der Mitteilung des Ausschussvorsitzenden an das Bundesministerium der Justiz beizufügen (§ 169 Abs. 2 BRAO).

Der Wahlausschuss hat insoweit die Zulassung von 8 Rechtsanwälten als angemessen angesehen und dem Bundesjustizministerium deshalb insgesamt 16 Personen benannt. Der Bundesjustizministerium ist aber bei seiner Entscheidung über die Zulassung nicht an diese vom Wahlausschuss als angemessen angesehene Zahl von neuen Rechtsanwälten gebunden; insoweit können aus der Wahlliste weniger oder bis zu doppelt so viele Rechtsanwälte zugelassen werden, wie der Ausschuss für angemessen gehalten hat[3]. Genauso wenig besteht eine Bindung an die vom Wahlausschuss für richtig gehaltene Reihenfolge unter den Kandidaten[4]. Hierbei sind die Entscheidungen des Bundesjustizministeriums wegen des auch insoweit bestehenden Beurteilungsspielraums ebenfalls gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar[5].

Der Bundesjustizministerium darf allerdings die Zahl der Neuzulassungen im Rahmen der Bewerberliste des Wahlausschusses nicht nach Belieben festlegen. Nicht anders als der Wahlausschuss in seiner Entscheidung nach § 168 Abs. 2 BRAO hat sich der Bundesjustizministerium bei der abschließenden Festlegung der Zahl der zuzulassenden Rechtsanwälte an den Bedürfnissen einer geordneten Rechtspflege zu orientieren. Er muss insoweit darauf achten, dass einerseits eine ausreichende Versorgung der Rechtsuchenden an revisionsanwaltlicher Beratung und Vertretung garantiert ist, andererseits die bei dem Bundesgerichtshof singular zugelassenen Rechtsanwälte im Hinblick auf ihre Berufsausübungsfreiheit, vor allem aber auch im Hinblick auf die mit der Singularzulassung verfolgten Interessen des Gemeinwohls ausreichende Möglichkeiten revisionsanwaltlicher Betätigung haben.

Dies ändert aber nichts daran, dass der Bundesjustizministerium einen Beurteilungsspielraum hat, innerhalb dessen er die heranzuziehenden Gesichtspunkte in gewissem Umfang anders gewichten kann als der Wahlausschuss. Dabei kann er im Interesse der Rechtspflege etwa auch darauf hinwirken, durch eine begrenzte Ausweitung der vom Wahlausschuss für erforderlich gehaltenen Neuzulassungen weitere besonders qualifizierte Rechtsanwälte für die Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof zu gewinnen[6]. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Sinne zur Begrenzung der Zahl postulationsfähiger Prozessvertreter beim Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass das im Allgemeininteresse liegende gesetzgeberische Ziel, den Rechtsanwälten beim Bundesgerichtshof mit dem Ziel der Vermeidung von Rechtsmitteln ohne hinreichende Erfolgsaussichten eine Filterfunktion zuzuweisen, gefährdet wäre, wenn so viele Rechtsanwälte zugelassen würden, dass hierdurch ein ruinöser Wettbewerb unter den Revisionsanwälten einsetzen würde.

Außerdem erfordert das Verhältnismäßigkeitsgebot mit Blick auf die verfassungsrechtlich unbedenkliche beschränkte Postulationsfähigkeit der Rechtsanwälte beim BGH, dass den dadurch in ihrer beruflichen Betätigung erheblich eingeschränkten Rechtsanwälten trotz der gebotenen Konzentration auf das Revisionsrecht ein Geschäftsanfall verbleibt, der ausreichend ist, damit ihre Berufsausübung ihnen eine ihrer Stellung auskömmliche Lebensgrundlage ermöglicht[7], ungeachtet dessen, dass mit der Zulassungsbeschränkung kein Schutz vor Konkurrenz zur Sicherung einer besseren Einkommenssituation beabsichtigt ist[8].

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. Oktober 2013 – AnwZ 4/13

  1. vgl. BGH, Beschlüsse vom 18.02.2005 – AnwZ 3/03, BGHZ 162, 199, 204 und vom 11.09.2006 – AnwZ 1/06, BGHZ 169, 77 Rn. 8[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 18.02.2005, aaO S.207 f.; Beschluss vom 05.12.2006 – AnwZ 2/06, BGHZ 170, 137 Rn. 27, 39 m.w.N.[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 11.09.2006, aaO Rn. 16 ff.; siehe auch BVerfG, NJW 2008, 1293 Rn. 38[]
  4. vgl. BGH, Beschlüsse vom 11.09.2006, aaO Rn. 14 f.; und vom 05.12.2006, aaO Rn. 55[]
  5. vgl. BGH, Beschlüsse vom 18.02.2005, aaO S.200; und vom 11.09.2006, aaO Rn. 15, 23[]
  6. vgl. BGH, Beschluss vom 11.09.2006, aaO Rn. 22 f.[]
  7. vgl. BVerfG, NJW 2008, 1293 Rn. 36[]
  8. BVerfG, aaO Rn. 42[]