Altersgrenze für Notare

Die Bestimmung des § 48a BNotO, die die Altersgrenze für die Ausübung des Notarberufs auf das Ende des Monats festlegt, in dem der Notar das 70. Lebensjahr vollendet, ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs weder verfassungs- noch europarechtswidrig.

Altersgrenze für Notare

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Höchstaltersgrenze von 70 Jahren für die Ausübung des Notarberufs in seinem Beschluss vom 29. Oktober 1992[1] bejaht. Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Beurteilung in seinem Beschluss vom 22. März 2010[2] angeschlossen. Auf diese Entscheidungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Das Gesetz zur Änderung des Berufsrechts der Notare und der Rechtsanwälte vom 29. Januar 1991[3] verstößt auch nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil es keine Übergangsregelung enthält. Der Gesetzgeber hat in Art. 3 dieses Gesetzes eine Regelung geschaffen, nach der sämtliche Notare, die bei Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Februar 1991 das 58. Lebensjahr vollendet hatten, für weitere zwölf Jahre im Amt bleiben durften[4]. Bei dieser zeitlichen Festlegung brauchte der Gesetzgeber keine Rücksicht auf die Belange und Interessen einzelner zu nehmen, sondern durfte bei generalisierender Betrachtungsweise im Rahmen seiner Typisierungsbefugnis davon ausgehen, dass eine Amtstätigkeit von zwölf Jahren genügt, um die im Hinblick auf die Amtsübernahme getätigten Investitionen zu erwirtschaften und die Voraussetzungen für die Sicherung eines angemessenen Lebensstandards nach Vollendung des 70. Lebensjahres zu schaffen[5].

Die Regelung in § 48a BNotO steht auch im Einklang mit europarechtlichen Vorgaben. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das – einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellende und durch die Richtlinie 2000/78 EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf konkretisierte – Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters[6]. Die durch sie bewirkte Ungleichbehandlung wegen des Alters ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie zulässig. Die Regelung verfolgt das legitime sozialpolitische Ziel, die Berufschancen zwischen den Generationen gerecht zu verteilen, und ist zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und angemessen. Denn ohne die gesetzliche Altersgrenze wäre für die Besetzung der nur in begrenzter Zahl zur Verfügung stehenden Stellen (§ 4 Satz 1 BNotO) nicht mit der erforderlichen Vorhersehbarkeit und Planbarkeit gewährleistet, dass lebensältere Notare die ihnen zugewiesenen Stellen für lebensjüngere Bewerber frei machen[7]. Auch ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Altersgrenze für Notare nicht deshalb unangemessen und nicht erforderlich im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie, weil „Versorgungslücken in allen Teilen des Notariats“ drohten. Ein Mangel an jüngeren Bewerbern, der vorliegend allerdings weder ersichtlich noch hinreichend konkret dargetan ist, mag die Erforderlichkeit einer Altersgrenze auf solchen Teilen des Arbeitsmarktes in Frage stellen, zu denen neue Berufsangehörige jederzeit Zugang haben[8]. Dies gilt aber nicht, wenn der Besetzung einer Stelle, wie im Streitfall, zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der vorsorgenden Rechtspflege ein Ausschreibungsverfahren vorausgehen muss und die Ausschreibung von dem Ergebnis einer Bedürfnisprüfung abhängt, die sicherstellt, dass dem jeweiligen Amtsinhaber ein ausreichendes Maß sachlicher und finanzieller Unabhängigkeit gewährleistet ist[9]. Blieben lebensältere Notare so lange im Amt, wie es ihnen beliebt, könnten die zur Verfügung stehenden jüngeren Berufsbewerber nicht oder nur sehr spät berücksichtigt werden. Mangels Vorhersehbarkeit und Planbarkeit des Zugangs verlöre der Beruf des Notars an Attraktivität.

Das Erlöschen des Notaramtes auch nicht die Rücknahme seiner Bestellung zum Notar voraus. Denn seine für die Dauer seiner Anwaltszulassung erteilte Bestellung zum Notar ist mit Erreichen der Altersgrenze kraft Gesetzes erloschen, ohne dass es eines Vollzugsaktes bedurfte[5].

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Juli 2012 – NotZ (Brfg) 15/11

  1. BVerfG, Beschluss vom 09.10.1992, DNotZ 1993, 260 ff.[]
  2. BGH, Beschluss vom 22.03.2010, NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 Rn. 6 ff.[]
  3. BGBl. I S. 150[]
  4. vgl. BVerfG DNotZ 1993, 260; Schippel/Bracker/Püls, BNotO, 9. Aufl., § 48a Rn. 2[]
  5. vgl. BVerfG DNotZ 1993, 260[][]
  6. vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2010, NotZ 16/09, BGHZ 185, 30 Rn. 22 ff.; BVerfG, NJW 2011, 1131[]
  7. vgl. BGH, Beschluss vom 22.03.2010, NotZ 16/09, aaO Rn. 28 f.; BVerfG DNotZ 1993, 260; NJW 2011, 1131 Rn. 12 f.[]
  8. vgl. EuGH, Urteil vom 12.01.2010 – C-341/08 [Petersen], Slg. 2010, I-47100, Rn. 68[]
  9. vgl. EuGH, Urteil vom 24.05.2011 – C-54/08, DNotZ 2011, 462 Rn. 98; BGH, Beschluss vom 22.03.2010, NotZ 16/09, aaO Rn. 8 f.; BVerfG DNotZ 1993, 260[]