Die Nebengeschäfte der Rechtsanwaltsgesellschaft

Ein von einer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH geschlossener Handelsvertretervertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen § 59c Abs. 1 BRAO nichtig.

Die Nebengeschäfte der Rechtsanwaltsgesellschaft

Nach § 59c Abs. 1 BRAO können nur solche Gesellschaften mit beschränkter Haftung als Rechtsanwaltsgesellschaften zugelassen werden, deren Unternehmensgegenstand die Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist. Daraus wird teilweise gefolgert, dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft keiner anderen Tätigkeit nachgehen darf[1]. Der Bundesgerichtshof hat demgegenüber in einem obiter dictum gemeint, einer Rechtsanwaltsgesellschaft sei es nicht verwehrt, neben der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten auch andere Tätigkeiten auszuüben[2].

Selbst wenn einer Rechtsanwaltsgesellschaft jedoch jegliche Tätigkeit verboten wäre, die nicht Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten ist oder dieser dient, folgte aus einem Verstoß gegen dieses Verbot nicht die zivilrechtliche Nichtigkeit entsprechender Verträge. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann auch außerhalb ihres Geschäftszwecks (ultra vires) tätig werden. Dies folgt insbesondere aus § 37 Abs. 2 GmbHG. Ihrem Wortlaut nach ordnet diese Vorschrift zwar nur an, dass eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers nicht gegenüber Dritten wirkt. Wären Rechtsgeschäfte außerhalb des Unternehmensgegenstandes nichtig, käme dies jedoch einer Beschränkung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers gleich, der § 37 Abs. 2 GmbHG jede Außenwirkung versagt[3]. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich das Organ einer juristischen Gesellschaft schadensersatzpflichtig machen, wenn es Geschäfte außerhalb des von der Satzung vorgegebenen Gesellschaftszwecks tätigt[4]. Nichtig sind solche Geschäfte jedoch nicht allein wegen einer Überschreitung des Gesellschaftszwecks.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Mai 2016 – IX ZR 241/14

  1. Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl., § 59c Rn. 8; Feuerich/Weyland/Brüggemann, BRAO, 9. Aufl., § 59c Rn. 3; Bormann in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Aufl., § 59c Rn. 27a[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2011 – AnwZ (Brfg) 18/10, NJW 2011, 3036[]
  3. vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 214 ff, 216; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, 20. Aufl., § 37 Rn. 49; Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl., § 37 Rn. 26; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, GmbHG, 18. Aufl., § 35 Rn. 9[]
  4. BGH, Urteil vom 05.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 331; vom 15.01.2013 – II ZR 90/11, WM 2013, 456 Rn. 16[]