Eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 Satz 1 VV RVG kommt nicht in Betracht, wenn im Verhältnis zwischen der erstattungsberechtigten Partei und ihrem Prozessbevollmächtigten keine Geschäftsgebühr im Sinne von Nr. 23002303 VV RVG entstanden ist, sondern die Partei mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine zulässige Honorarvereinbarung getroffen hat.

In einem solchen Fall findet die Vergütung ihre Rechtsgrundlage in der Vergütungsvereinbarung und nicht in den Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Das vereinbarte Honorar ist keine Geschäftsgebühr in diesem Sinne; die Anrechnung einer fiktiven Geschäftsgebühr scheidet aus[1].
Der Grundsatz der Nichtanrechenbarkeit unterliegt dann einer Einschränkung, wenn ein Rechtsstreit durch Vergleich beendet wird und die von den Parteien hierbei getroffene Kostenregelung auf der Grundlage erfolgt ist, dass außerprozessual eine anrechenbare Geschäftsgebühr angefallen und keine Honorarvereinbarung getroffen worden ist. In einem solchen Fall kann sich die erstattungsberechtigte Partei nicht erstmals nachträglich im Kostenfestsetzungsverfahren darauf berufen, sie habe in Wirklichkeit mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine Honorarvereinbarung getroffen, so dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nicht in Betracht komme.
Dies ist allerdings nicht stets dann der Fall, wenn die Klägerin mit der Klage – wie auch vorprozessual – im Rahmen des ihr zu erstattenden Verzugsschadens von einer Geschäftsgebühr gesprochen hat. Insoweit hätte sie das mit ihrem Bevollmächtigten vereinbarte Honorar ohnehin nicht zum Gegenstand ihrer außergerichtlichen und gerichtlichen Forderung machen können. Denn zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen eines Geschädigten im Rahmen der §§ 249 ff BGB zählen zwar grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Allerdings hat der Schädiger dem Geschädigten nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Danach ist ein anwaltliches Zeithonorar nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattungspflichtig[2], ungeachtet dessen, dass in der Praxis häufig die Vergütungsvereinbarung für außergerichtliche Tätigkeit an die Stelle der gesetzlich vorgesehenen Geschäftsgebühr tritt[3]. Die Geltendmachung einer Geschäftsgebühr als Verzugsschaden besagt deshalb nicht zwangsläufig, dass keine außergerichtliche Honorarvereinbarung getroffen worden ist; denn eine Partei hat, weil sie von der Gegenseite nur eine Geschäftsgebühr ersetzt verlangen kann, keinen Anlass, eine Honorarvereinbarung vorzeitig offen zu legen.
Entscheidend kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass – anders als vorprozessual und in der Klage – in dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleich nicht von einer entstandenen Geschäftsgebühr, sondern allgemein von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Rede ist. Ferner unterscheidet sich der im Vergleichsweg in Ansatz gebrachte und von der Beklagten zu zahlende Pauschalbetrag von 3.000 € – bereits für sich, aber auch, wenn man die von den Parteien im Übrigen als angemessen angesehene Kostenquote berücksichtigt – erheblich von dem Betrag, der im Falle der Berechnung einer Geschäftsgebühr angefallen wäre und den die Klägerin vorprozessual und in der Klage geltend gemacht hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass die anwaltlich vertretene Beklagte von ihrem objektiven Empfängerhorizont her das Vergleichsangebot der Klägerin, das erstmals den neuen Kostenbetrag enthält, weiterhin als Geltendmachung einer anzurechnenden Geschäftsgebühr verstehen musste und dies dann zur Grundlage des abgeschlossenen Vergleichs wurde.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Oktober 2014 – III ZB 13/14
- vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 18.08.2009 – VIII ZB 17/09, NJW 2009, 3364 Rn. 6 ff; und vom 09.09.2009 – Xa ZB 2/09, NJW-RR 2010, 359 Rn. 6 f; OLG Frankfurt, AnwBl.2009, 310 f; Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort: Erfolgshonorar/Vergütungsvereinbarung; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., Nr. 3100 VV RVG, Stichwort: Honorarvereinbarung; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., VV 2300 Rn. 45; Müller-Rabe, ebendort Vorb. 3 VV Rn. 253[↩]
- vgl. nur BGH, Urteil vom 23.01.2014 – III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 48; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 249 Rn. 57[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.09.2009, aaO Rn. 7[↩]






