Partnerschaftsgesellschaft – und die von einem Unbefugten einberufene Gesellschafterversammlung

Bei der Partnerschaftsgesellschaft führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse.

Partnerschaftsgesellschaft – und die von einem Unbefugten einberufene Gesellschafterversammlung

In der Partnerschaftsgesellschaft gelten für die Behandlung von Beschlussmängeln die zum Personengesellschaftsrecht entwickelten Grundsätze[1]. Bei der Personengesellschaft führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse[2].

Zu Unrecht verneint das Oberlandesgericht Frankfurt am Main[3] die Nichtigkeit des Beschlusses mit der Begründung, es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass der Beschlussinhalt ein anderer gewesen wäre, wenn der Managing Partner, wie nach dem Gesellschaftsvertrag vorgesehen, eingeladen hätte und nicht ein anderer Gesellschafter. Darauf, ob die Einladung durch einen Unbefugten das Zustandekommen des auf der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses beeinflusst hat, kommt es nicht an.

Abweichend von dem im Personengesellschaftsrecht vor der Reform durch das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz allgemein vorherrschenden Grundsatz der Nichtigkeit mangelhafter Beschlüsse[4], können Verstöße gegen Form, Frist und Inhalt der Einberufung einer Gesellschafterversammlung zwar nur dann zur Nichtigkeit des Beschlusses führen, wenn der mit den gesellschaftsvertraglichen oder gesetzlichen Ladungsbestimmungen verfolgte Zweck, dem einzelnen Gesellschafter die Vorbereitung auf die Tagesordnungspunkte und die Teilnahme an der Versammlung zu ermöglichen, vereitelt wird. Wird dieser „Dispositionsschutz“ verletzt, liegt ein zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führender schwerwiegender Mangel vor. Der Verfahrensmangel führt aber nur zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Zustandekommen durch den Fehler beeinflusst ist[5].

Diese Rechtsprechung ist jedoch auf die Einberufung durch einen Unbefugten nicht übertragbar. 

Die Einberufung der Gesellschafterversammlung durch einen Unbefugten führt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtsformübergreifend zur Unwirksamkeit der Einladung und zur Nichtigkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse[6].

Bei der Einberufung durch einen Unbefugten liegt kein bloßer Formmangel vor. In diesem Fall fehlt vielmehr ein Mindesterfordernis der Gesellschafterversammlung[7]. Die Ladung durch einen Unbefugten kommt einer Nichtladung gleich und kann vom Geladenen unbeachtet bleiben, ohne dass ihm hieraus nachteilige Rechtsfolgen erwachsen dürfen. Die Beachtung der Ladungsbefugnis dient damit der Sicherung eines für jeden Gesellschafter unverzichtbaren Gesellschafterrechts, seines Teilnahmerechts an der Gesellschafterversammlung und der damit verbundenen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Gesellschaft[8]

Im Hinblick auf das Gewicht der drohenden Rechtsbeeinträchtigung bei Ladung durch einen Unbefugten ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch dann kein Grund für eine andere Beurteilung ersichtlich, wenn es sich, wie vorliegend, um eine personalistisch geprägte Gesellschaft handelt. Dies wird bestätigt durch einen vergleichenden Blick in das Kapitalgesellschaftsrecht. Bei der Aktiengesellschaft und bei der GmbH, auf welche die aktienrechtlichen Grundsätze in ständiger Rechtsprechung übertragen werden, hat die Nichtigkeit eines auf einer durch einen Unbefugten einberufenen Gesellschafterversammlung gefassten Beschlusses ihren Niederschlag in § 241 Nr. 1, § 121 Abs. 2 AktG gefunden, ohne dass danach differenziert wird, ob es sich um eine Gesellschaft mit einem kleinen oder einem großen Gesellschafterkreis handelt.

Ob und unter welchen Umständen andere Gesellschafter der Partnerschaftsgesellschaft eine Gesellschafterversammlung einberufen dürfen, wenn ein Managing Partner fehlt, kann nur durch eine nach den §§ 133, 157 BGB vorzunehmende Auslegung des Gesellschaftsvertrags bestimmt werden, die weitgehend in der Verantwortung des Tatrichters liegt[9].

Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Juli 2024 – II ZR 100/23

  1. vgl. BGH, Urteil vom 09.04.2013 – II ZR 3/12, ZIP 2013, 1021 Rn. 7 f., 14; Urteil vom 11.03.2014 – II ZR 24/13, ZIP 2014, 1019 Rn. 13 f.[]
  2. BGH, Urteil vom 13.05.2014 – II ZR 250/12, BGHZ 201, 216 Rn. 12; Urteil vom 25.10.2016 – II ZR 231/15 15; Urteil vom 25.10.2016 – II ZR 230/15, ZIP 2017, 281 Rn. 30[]
  3. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 20.06.2023 – 23 U 239/21[]
  4. BGH, Urteil vom 09.04.2013 – II ZR 3/12, ZIP 2013, 1021 Rn. 14; Urteil vom 03.02.2015 – II ZR 105/13, ZIP 2015, 778 Rn.20 f.; Beschluss vom 23.09.2021 – I ZB 13/21, ZIP 2022, 124 Rn. 17 – Schiedsfähigkeit – IV mwN; MünchKomm-BGB/Schäfer, 9. Aufl., § 714 Rn. 72[]
  5. BGH, Urteil vom 10.10.1983 – II ZR 213/82, WM 1983, 1407, 1408; Urteil vom 11.03.2014 – II ZR 24/13, ZIP 2014, 1019 Rn. 13; Urteil vom 03.02.2015 – II ZR 105/13, ZIP 2015, 778 Rn. 22[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 16.12.1953 – II ZR 167/52, BGHZ 11, 231, 236 f.; Urteil vom 26.10.1955 – VI ZR 90/54, BGHZ 18, 334, 337; Urteil vom 19.06.1961 – II ZR 123/59, WM 1961, 799; Urteil vom 07.02.1983 – II ZR 14/82, BGHZ 87, 1, 2; Urteil vom 13.05.2014 – II ZR 250/12, BGHZ 201, 216 Rn. 12; Urteil vom 25.10.2016 – II ZR 231/15 15; Urteil vom 25.10.2016 – II ZR 230/15, ZIP 2017, 281 Rn. 30; Urteil vom 08.11.2016 – II ZR 304/15, BGHZ 212, 342 Rn. 13; Urteil vom 09.01.2024 – II ZR 220/22, ZIP 2024, 567 Rn. 17[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 16.12.1953 – II ZR 167/52, BGHZ 11, 231, 236 f.; Urteil vom 26.10.1955 – VI ZR 90/54, BGHZ 18, 334, 338[]
  8. vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2006 – II ZR 200/04, ZIP 2006, 707 Rn. 13; Beschluss vom 24.03.2016 – IX ZB 32/15, ZIP 2016, 817 Rn. 21; jeweils zur GmbH; Urteil vom 17.01.2023 – II ZR 76/21, ZIP 2023, 467 Rn. 30; Schäfer, ZIP 2021, 1527, 1531[]
  9. BGH, Urteil vom 21.10.2014 – II ZR 84/13, BGHZ 203, 77 Rn. 15; Urteil vom 22.09.2020 – II ZR 141/19, ZIP 2020, 2117, 2119 Rn. 30[]