Der gepfändete Kostenerstattungsanspruch – und das Beitreibungsrecht des PKH-Anwalts

Gemäß § 126 Abs. 1 ZPO sind die für die Partei bestellten Rechtsanwälte berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.

Der gepfändete Kostenerstattungsanspruch – und das Beitreibungsrecht des PKH-Anwalts

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat[1], räumt die Vorschrift dem beigeordneten Rechtsanwalt ein selbständiges Beitreibungsrecht ähnlich einem Überweisungsgläubiger (§§ 835 f. ZPO) ein. Dem Rechtsanwalt ist damit die Einziehung des Kostenerstattungsanspruchs seiner Partei als Prozessstandschafter übertragen[2].

Gemäß § 126 Abs. 2 ZPO ist eine Einrede gegen den Anspruch aus der Person der Partei nicht zulässig. Der Gegner kann (nur) mit Kosten aufrechnen, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der Partei zu erstatten sind.

Mit dieser Regelung sollen dem beigeordneten Rechtsanwalt – über die Gebühren im Rahmen der Prozesskostenhilfe hinaus – seine Vergütungsansprüche gesichert werden[3]. Der Ausschluss von Einreden aus der Person der Partei (sog. Verstrickung) tritt deshalb bereits mit der Entstehung des Kostenerstattungsanspruchs ein[4] und ist so lange gerechtfertigt, wie der beigeordnete Rechtsanwalt die Kostenforderung noch im eigenen Namen geltend machen kann. Unerheblich ist demgegenüber, ob der Rechtsanwalt sein Beitreibungsrecht nach § 126 Abs. 1 ZPO im Zeitpunkt der Einwendung bereits ausgeübt hatte[5].

Die von der Pfändungsgläubigerin ausgebrachte Pfändung fällt auch unter den Begriff der „Einrede aus der Person der Partei“, die gemäß § 126 Abs. 2 ZPO nicht gegen den Anspruch erhoben werden kann.

Der Begriff der „Einreden“ umfasst in diesem Zusammenhang alle Einwendungen aus Rechtsbeziehungen des Kostengläubigers, aus denen der Kostenschuldner eine Verteidigung gegen den Zahlungsanspruch herleiten kann, nicht nur Einreden im rechtstechnischen Sinne[6]. Hierunter fallen etwa die Abtretung oder die Pfändung[7].

Die Partei ist nämlich im Falle der Beitreibung durch den Rechtsanwalt gemäß § 126 ZPO nicht mehr berechtigter Zahlungsempfänger. Diese Verfügungsbeschränkung wirkt gemäß §§ 135, 136 BGB zugunsten des Rechtsanwalts; ihm gegenüber ist eine etwaige Erfüllung der Kostenschuld durch Leistung an die Partei unwirksam[8]. Der Kostenschuldner wird dann von seiner Zahlungspflicht allein durch Leistung an den berechtigten Rechtsanwalt befreit. Zwar steht der Partei der Kostenerstattungsanspruch trotz des ihrem Rechtsanwalt gemäß § 126 ZPO eingeräumten Beitreibungsrechts weiterhin zu[2], weshalb er auch weiterhin der Forderungspfändung unterliegt. Die Pfändung geht dem gesetzlichen Einziehungsrecht des Rechtsanwalts jedoch aufgrund der durch § 126 Abs. 2 ZPO angeordneten, bereits mit dem Entstehen des Anspruchs eintretenden Verstrickungswirkung im Rang nach. Das eigene Einziehungsrecht des nachrangigen Vollstreckungsgläubigers greift daher nur so weit, als ihm nicht das vorrangige Einziehungsrecht des Rechtsanwalts vorgeht.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. November 2015 – XII ZB 242/15

  1. BGHZ 5, 251, 253; BGH Beschluss vom 20.11.2012 – VI ZB 64/11, FamRZ 2013, 201 Rn. 8[]
  2. BGH, Beschluss vom 14.02.2007 – XII ZB 112/06, FamRZ 2007, 710 Rn. 11; BGH Beschluss vom 09.07.2009 – VII ZB 56/08, FamRZ 2009, 1577 Rn. 4[][]
  3. BGH, Beschluss vom 14.02.2007 – XII ZB 112/06, FamRZ 2007, 710 Rn. 11[]
  4. OLG Schleswig JurBüro 1997, 368, 369; Musielak/Voit/Fischer ZPO 12. Aufl. § 126 Rn. 10; BeckOK ZPO/Kratz [Stand: 1.06.2015] § 126 Rn. 18[]
  5. BGH, Beschluss vom 14.02.2007 – XII ZB 112/06, FamRZ 2007, 710 Rn. 12[]
  6. Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 126 Rn. 14; Poller/Teubel/Steinberger Gesamtes Kostenhilferecht 2. Aufl. § 126 ZPO Rn.20[]
  7. vgl. Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 126 Rn. 8[]
  8. vgl. für den Fall der Forderungsüberweisung BGHZ 58, 25, 26 f. = NJW 1972, 428; BGHZ 82, 28, 31 = NJW 1982, 173, 174[]