Die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen verlangt zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es deshalb, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Anwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen.

Das bedeutet nicht, dass der Anwalt alle zur Fristwahrung erforderlichen Berechnungen und Eintragungen selbst vornehmen muss. Er kann grundsätzlich die Berechnung und die Notierung von Fristen – einschließlich der Führung des Fristenkalenders – an ausgebildetes und überwachtes Personal delegieren, wenn dieses Personal zuverlässig und geschult ist und daher die zur Fristenerfassung und überwachung erforderlichen besonderen Qualifikationen besitzt.
In diesem Fall genügt es, wenn sich der Anwalt von der Zuverlässigkeit seiner Angestellten durch gelegentliche Stichproben überzeugt[1].
Die eigenen Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts sind jedoch erhöht, wenn Störungen in der Organisation des Büros auftreten, die dazu führen können, dass die zulässig delegierten Pflichten des Anwalts nicht erfüllt werden. Er muss sicherstellen, dass seine Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllen, wenn die Kraft, die für die Fristenberechnung und überwachung sowie die Führung des Fristenkalenders zuständig ist, ausfällt. Es besteht dann nämlich eine erhöhte Gefahr von Fristversäumnissen[2].
Auf welche Weise er den Ausfall der für die Fristenberechnung und überwachung zuständigen bewährten Kraft ersetzt, bleibt zwar ihm überlassen. Ist ihm eine Kompensation durch den Einsatz weiterer (gleich) zuverlässiger Kräfte nicht möglich, kann es notwendig werden, dass der Anwalt die delegierten Aufgaben wieder an sich zieht.
So liegt der Fall hier : Es ist schon nicht vorgetragen, dass die Aushilfskraft zuverlässig und geschult war und daher über die zur Fristeneintragung und Kontrolle sowie die zur Führung des Fristenkalenders erforderlichen besonderen Qualifikationen verfügte. Unter diesen Umständen ist es dem Bevollmächtigten bereits als eigenes Verschulden vorzuwerfen, dass er in der Zeit des Ausfalls seiner bewährten Bürokraft die Fristberechnung, insbesondere aber auch das Führen des Fristenkalenders nicht wieder an sich gezogen hat.
Die Beklagten müssen sich schon diesen organisatorischen Fehler ihres Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Es kommt deshalb im vorliegenden Fall nicht mehr darauf an, dass die Beklagten weiter nicht vorgetragen haben, dass die Fristenkontrolle im Büro ihres Prozessbevollmächtigten auch ansonsten den von der Rechtsprechung insoweit gestellten Anforderungen genügte[3]. Ebenso wenig kommt es noch darauf an, dass auch nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht ist, dass im Büro des Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch geeignete Anweisungen sichergestellt war, dass einmal notierte Fristen nachträglich nicht eigenmächtig vom Personal geändert oder gestrichen werden[4].
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 15. September 2014 – II ZB 12/13
- st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 16.09.1981 – VIII ZB 48/81, VersR 1982, 67 f.; Beschluss vom 26.11.2013 – II ZB 13/12, WM 2014, 424 Rn. 9[↩]
- BGH, Beschluss vom 01.04.1965 – II ZB 11/64, VersR 1965, 596 f.; Beschluss vom 26.08.1999 – VII ZB 12/99, NJW 1999, 3783[↩]
- vgl. hierzu nur BGH, Beschluss vom 26.11.2013 – II ZB 13/12, WM 2014, 424 Rn. 9 f. mwN[↩]
- vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12.11.2013 – II ZB 11/12, FamRZ 2014, 295 Rn. 16 f. mwN[↩]