Die vom BGH-Anwalt gewünschte Honorarvereinbarung – und die Haftung der Instanzanwälte

Übernimmt es ein Instanzanwalt, im Auftrag seiner Partei nach seiner Wahl einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt mit der Einlegung einer zugelassenen Revision zu beauftragen, will dieser das Mandat aber nur nach Abschluss einer Honorarvereinbarung übernehmen, muss sich der Instanzanwalt vergewissern, dass die Honorarvereinbarung mit seinem Mandanten rechtzeitig abgeschlossen wird, und andernfalls einen anderen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen.

Die vom BGH-Anwalt gewünschte Honorarvereinbarung – und die Haftung der Instanzanwälte

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beschränken sich die Sorgfaltspflichten bei der Erteilung eines Rechtsmittelauftrags durch einen Rechtsanwalt der Vorinstanz nicht darauf, rechtzeitig ein Auftragsschreiben zu versenden. Der Absender muss sich vielmehr grundsätzlich innerhalb der Rechtsmittelfrist, gegebenenfalls durch Rückfrage, rechtzeitig vergewissern, ob der beauftragte Rechtsanwalt den Auftrag übernimmt; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn – was hier nicht geltend gemacht wird – zwischen dem Absender und dem Rechtsmittelanwalt im Einzelfall oder allgemein eine Absprache dahin besteht, dass dieser Rechtsmittelaufträge annehmen, prüfen und ausführen wird[1].

Im Falle der Ablehnung des Mandats durch den zunächst in Aussicht genommenen Rechtsanwalt muss der Auftraggeber in der Lage sein, den Rechtsmittelauftrag noch rechtzeitig einem anderen Rechtsanwalt zu erteilen, um die Durchführung des Rechtsmittels zu gewährleisten[2].

Die Partei trifft allerdings an der Versäumung der Frist kein Verschulden, wenn sie den Auftrag zur Einlegung der Revision rechtzeitig dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten erteilt. Damit bestand für sie ohne besonderen Anlass kein Grund, an der rechtzeitigen Einlegung der Revision zu zweifeln und besondere Maßnahmen zur Fristwahrung zu ergreifen.

Sowohl den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten wie den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten trifft jedoch an der Nichteinhaltung der Frist ein Verschulden.

Die Auswahl des zu beauftragenden Rechtsanwalts am Bundesgerichtshof hatte der Mandant seinen Instanzanwälten überlassen. War der von diesen ausgesuchte Rechtsanwalt nicht bereit, den Auftrag zu den gesetzlichen Gebühren zu übernehmen, musste der Instanzanwalt klären, ob die Voraussetzungen für die Übernahme des Mandats durch diesen Anwalt geschaffen wurden. War dies nicht der Fall, hätte er einen anderen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen müssen. Er durfte auf die Nachricht des BGH-Anwalts – mit dem Angebot einer Vergütungsvereinbarung – nicht deshalb untätig bleiben, weil ausweislich der Mail eine Kopie an den Mandanten und den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten gehen sollten. Er musste insoweit in Rechnung stellen, dass der Zugang der Mail an den Mandanten wegen der Gefahr einer technischen Störung nicht gesichert war[3]. Da er die Erteilung des Auftrags an einen vor dem Bundesgerichtshof postulationsfähigen Rechtsanwalt übernommen hatte, musste er dafür Sorge tragen, dass der Auftrag übernommen wird. Dementsprechend hatte er auch um Bestätigung der Übernahme des Mandats gebeten. Da eine solche Bestätigung abgelehnt worden war, musste er sicherstellen, dass die Voraussetzungen für die Übernahme des Mandats geschaffen wurden, oder einen anderen Rechtsanwalt beauftragen.

Den erstinstanzlichen Anwalt trifft ebenfalls ein Verschulden. Er hatte es gegenüber der Mandantin übernommen, für den rechtzeitigen Eingang der Revision beim Bundesgerichtshof zu sorgen. Diese Pflicht hat er schuldhaft verletzt. Nachdem er erfahren hatte, dass der ausgewählte BGH-Anwalt nur aufgrund einer Honorarvereinbarung tätig werden würde, wurde er durch das bloße Weiterleiten dieser Mail an den Schuldner seinen Sorgfaltspflichten schon deshalb nicht gerecht, weil auch er nicht darauf vertrauen konnte, dass die Mail des BGH-Anwalts oder seine eigene Mail den Mandanten erreichen würden. Er musste zumindest organisatorische Maßnahmen ergreifen, die eine Kontrolle des Zugangs ermöglichten, etwa durch Anforderung einer Lesebestätigung[4]. Zudem durfte er selbst für den Fall, dass den Schuldner die Mails erreichten, nicht darauf vertrauen, dass die Honorarvereinbarung unmittelbar zwischen dem Mandanten und dem Revisionsanwalt geschlossen werden würde. Er hatte vielmehr den Schuldner zu beraten, welche Alternativen hierzu bestanden, gegebenenfalls diese rechtzeitig wahrzunehmen. Für die Partei bestand vorliegend nicht die Alternative, Revision bei Abschluss einer Honorarvereinbarung mit dem ausgewählten BGH-Rechtsanwalt oder überhaupt nicht einzulegen. Es hätte ein anderer Anwalt beauftragt werden können. Der erstinstanzliche Rechtsanwalt musste sich jedenfalls vergewissern, dass die Voraussetzungen für die Einlegung der Revision geschaffen waren. Er konnte dies nach Übernahme des Auftrags nicht kommentarlos dem Mandanten überlassen, ohne sich über dessen entsprechendes Tätigwerden zu vergewissern. Darauf, dass der BGH-Rechtsanwalt beim Schuldner nachfragen würde, konnte er sich nicht verlassen. Mit dem BGH-Rechtsanwalt bestand noch kein Vertrag. Er hatte seine Bedingungen mitgeteilt. Die Telefonnummer des Schuldners war ihm nicht bekannt gegeben worden. Für schriftliche Nachfragen fehlte es an der hierfür erforderlichen Zeit. Die Mailanschrift war nicht ausreichend sicher.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 5. Juni 2014 – IX ZR 239/13

  1. BGH, Beschluss vom 11.07.1988 – II ZB 5/88, BGHZ 105, 116, 117 ff; vom 07.11.1995 – XI ZB 21/95, NJW-RR 1996, 378; vom 23.11.2006 – IX ZB 291/05, nv, Rn. 5; vom 04.03.2008 – VI ZR 66/07, NJW-RR 2008, 1452 Rn. 5[]
  2. BGH, Beschluss vom 07.11.1995, aaO[]
  3. BGH, Beschluss vom 16.05.2013 – IX ZB 272/11, WM 2013, 1232 Rn. 23; vom 17.07.2013 – I ZR 64/13, NJW 2014, 556 Rn. 11 f[]
  4. BGH, Beschluss vom 17.07.2013, aaO Rn. 11[]