Der Bundesfinanzhof hat aktuell die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO in die wegen einer Störung des Telefaxgerätes versäumte Beschwerdebegründungsfrist abgelehnt, weil die Beschwerdebegründungsfrist „bis zur letzten Minute“ ausgeschöpft werden sollte und eine Absicherung gegen entsprechende Ausfallrisiken fehlte.

Eine solche Wiedereinsetzung ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist verhindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Dies setzt in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von zwei Wochen bzw. bei Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von einem Monat nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag durch präsente Beweismittel glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll. Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (vgl. § 56 Abs. 2 FGO)[1]. Hiernach schließt jedes Verschulden –also auch eine einfache Fahrlässigkeit– die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Klägerin wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
Danach kommt für den Bundesfinanzhof im vorliegenden Fall die beantragte Wiedereinsetzung nicht in Betracht.
Zwar dürfen die Beteiligten gesetzliche Fristen grundsätzlich bis zur letzten Minute ausschöpfen[2]. Allerdings hat ein Prozessbevollmächtigter, der die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels in dieser Weise in Anspruch nimmt, wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt daher nicht in Betracht, wenn der Prozessbevollmächtigte nicht alle erforderlichen und zumutbaren Schritte unternommen hat, die unter normalen Umständen zur Fristwahrung geführt hätten[3]. Will der Prozessbevollmächtigte den Begründungsschriftsatz erst kurz vor Ablauf der Frist per Telefax übermitteln, muss er besonders darauf achten, dass bei der Übertragung keine Fehler passieren. Zum Schutz des Mandanten muss er hierbei den sichersten Weg wählen[4].
Zwar dürfen die technischen Risiken der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch Telefax nicht auf den Nutzer des Mediums abgewälzt werden, wenn die technische Störung im Bereich des Telefaxempfangsgerätes liegt[5]. Im Streitfall lag die technische Störung der Telefaxverbindung aber auf Seiten der Klägerin und daher in deren Sphäre. Verlässt sich der Prozessbevollmächtigte bei der Fertigstellung und Übersendung von fristwahrenden Schriftstücken an das Gericht quasi in letzter Minute auf ein Telefaxgerät, so muss er dessen Funktionieren so rechtzeitig sicherstellen, dass er bei einer eventuellen Störung der Telefaxverbindung andere noch mögliche und zumutbare Maßnahmen für einen sicheren Zugang des fristwahrenden Schriftsatzes beim zuständigen Gericht ergreifen kann[6].
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat, so der Bundesfinanzhof weiter, nicht schlüssig vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass dies im Streitfall in hinreichender Weise geschehen ist.
Er hat zwar ausgeführt und durch entsprechende eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemacht, dass er sich drei Tage vor der beabsichtigten Inanspruchnahme des Telefaxgerätes der Klägerin für die Übermittlung der über 20-seitigen Beschwerdebegründung nach der Einsatzfähigkeit des im Lokal der Klägerin befindlichen Gerätes erkundigt habe und dass die Klägerin dessen Zustand als „normal“ bezeichnet habe. Dies war aber unzureichend. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb es dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht möglich und zumutbar war, ersatzweise ein anderes in der näheren Umgebung befindliches funktionsfähiges Telefaxgerät für die beabsichtigte Übertragung des Schriftsatzes zu verwenden.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat insoweit selbst ausgeführt, dass sein eigenes Büro lediglich 50 m vom Geschäftslokal der Klägerin entfernt lag. Ein Einsatz eines etwaigen Telefaxgerätes im Büro des Prozessbevollmächtigten hätte bei normalem Verlauf auch noch um 23:45 Uhr zu einer rechtzeitigen Übertragung des Schriftsatzes geführt. Ausgehend von der Schilderung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wäre der verbleibende Zeitraum nach der ersten fehlgeschlagenen Übermittlung der Beschwerdebegründung zwischen 23:15 Uhr und 23:30 Uhr lang genug gewesen, das Büro des Prozessbevollmächtigten ggf. zu Fuß aufzusuchen und ein dort befindliches Telefaxgerät einzusetzen. Davon, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin über kein eigenes Telefaxgerät in seinem Büro verfügte, ist nicht auszugehen. Jedenfalls ist dies weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15. November 2012 – XI B 70/12
- ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2008, 1349, unter 2.a, m.w.N.; und vom 01.04.2009 – XI B 10/08, Zeitschrift für Steuern & Recht 2009, R635[↩]
- vgl. z.B. BFH, Beschlüsse vom 28.01.2010 – VIII B 88/09, BFH/NV 2010, 919; und vom 09.01.2012 – I B 66/11, BFH/NV 2012, 957[↩]
- vgl. z.B. BayVGH, Beschluss vom 12.01.2012 – 10 CE 11. 2687[↩]
- vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 03.05.2011 – XI ZB 24/10, BRAK-Mitteilungen 2011, 238, unter II.2.b, m.w.N.[↩]
- z.B. BGH, Beschluss vom 12.12.1990 – XII ZB 64/90, FamRZ 1991, 548[↩]
- vgl. BayVwGH, Beschluss vom 12.01.2012 – 10 CE 11.2687[↩]