Die nur in Kopie vorgelegte schriftliche Prozessvollmacht

Gemäß § 80 Satz 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Wurde die Prozessvollmacht nicht unmittelbar von der Partei bzw. deren gesetzlichem Vertreter erteilt, muss die Vollmachtkette lückenlos in der Form des § 80 ZPO nachgewiesen werden. Dabei muss grundsätzlich auch die behauptete Generalvollmacht eines Bevollmächtigten zu den Gerichtsakten gegeben werden. Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde – gegebenenfalls in beglaubigter Form – geführt werden, die Vorlage von Kopien oder ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügen nicht.

Die nur in Kopie vorgelegte schriftliche Prozessvollmacht

Mit dieser Begründung hat aktuell der Bundesgerichtshof eine Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen, weil ein vollmachtloser Vertreter sie eingelegt habe und die Einlegung durch die Klägerin auch nicht genehmigt worden sei:

Die Klägerin hat den Nachweis der Bevollmächtigung ihres Prozessbevollmächtigten in dritter Instanz bereits nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise erbracht, nachdem das Vorliegen einer wirksamen Prozessbevollmächtigung durch den Gegner gerügt worden und daher vom Bundesgerichtshof zu prüfen ist (§ 80 Satz 1, § 88 ZPO). Es kann daher dahinstehen, ob die Vollmachtserteilung – wie die Beschwerdeerwiderung meint – aus materiellrechtlichen Gründen unwirksam ist.

Gemäß § 80 Satz 1 ZPO ist die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Wurde die Prozessvollmacht nicht unmittelbar von der Partei bzw. deren gesetzlichem Vertreter erteilt, muss die Vollmachtkette lückenlos in der Form des § 80 ZPO nachgewiesen werden[1]. Dabei muss grundsätzlich auch die behauptete Generalvollmacht eines Bevollmächtigten zu den Gerichtsakten gegeben werden[2]. Der Nachweis der schriftlichen Vollmacht kann nur durch Einreichung der Originalurkunde – gegebenenfalls in beglaubigter Form (§§ 415, 435 ZPO) – geführt werden, die Vorlage von Kopien oder ein urkundlicher Nachweis irgendwelcher Art genügen nicht[3].

)) Diesen Anforderungen entsprechen die zum Nachweis der Prozessvollmacht von Rechtsanwalt Prof. Dr. S. für das Rechtsbeschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen nicht. Zwar liegt die Vollmacht, die ihm von Rechtsanwalt Dr. W. erteilt wurde, im Original vor. Die für die Klägerin wirkende Vertretungsmacht des Dr. W., die im Rechtsbeschwerdeverfahren allein auf eine vom damaligen Geschäftsführer der Klägerin ausgestellte Vollmacht vom 14.12.2012 gestützt wird, ist jedoch auch nach dem Hinweis des Bundesgerichtshofs nicht in der von § 80 Satz 1 ZPO vorgeschriebenen Form durch Vorlage der Originalurkunde nachgewiesen worden. Die eingereichte weitere Kopie der Vollmachtsurkunde vom 14.12.2012 genügt den vorgenannten Anforderungen nicht. Daran ändert die nachträglich auf der Kopie aufgebrachte und von einem portugiesischen Rechtsanwalt bestätigte Unterschrift des ehemaligen Geschäftsführers der Klägerin nichts. Ebenso wie die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung, ein der Kopie zugrunde liegendes Original unterzeichnet zu haben[4], führt auch die spätere schriftliche Bestätigung einer nur als Fotokopie vorliegenden Vollmachtsurkunde nicht dazu, dass diese als Originalurkunde anzusehen ist. Zwar kann die Bestätigung unter Umständen als Genehmigung im Sinne des § 89 ZPO gewürdigt werden, jedoch müssen hierfür dessen Voraussetzungen erfüllt sein[5]. Hieran fehlt es jedoch, da der die Kopie der Vollmacht vom 14.12.2012 bestätigende V. zum Zeitpunkt der Bestätigung nicht mehr Geschäftsführer der Klägerin war und daher keine diese bindenden Erklärungen abgeben konnte. Eine Genehmigung der Prozessführung durch den derzeitigen gesetzlichen Vertreter der Klägerin ist nicht erfolgt.

Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO hatte im hier entschiedenen Fall die Klägerin die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Allerdings sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wenn die unterlegene Partei – ausnahmsweise – keinen Anlass für den Prozess gegeben hat, die Bestimmungen der §§ 91, 97 ZPO entsprechend dahin anzuwenden, dass die Kosten demjenigen Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen sind, der sie verursacht hat. Dementsprechend ist anerkannt, dass bei einer fehlenden wirksamen Bevollmächtigung die Prozesskosten grundsätzlich dem aufzuerlegen sind, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat. Dies kann auch der vollmachtlose Vertreter sein. Er kommt als Veranlasser in der Regel dann in Betracht, wenn er den Mangel der Vollmacht kennt[6]

Nach diesen Grundsätzen verbleibt es vorliegend entsprechend der Grundregel des § 97 Abs. 1 ZPO jedoch dabei, dass die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels von der Klägerin zu tragen sind. Der damalige Geschäftsführer der Klägerin hat bestätigt, dass er die – in Kopie vorgelegte – Vollmacht vom 14.12.2012 für Rechtsanwalt Dr. W ausgestellt hat. Auch wenn dies zum Nachweis der Vollmacht in der von § 80 ZPO vorgeschriebenen Form nicht genügt, kann vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin die in ihrem Namen erfolgte Erteilung der Prozessvollmacht und die Einlegung der Rechtsbeschwerde (mit) veranlasst hat. Zudem kann nicht angenommen werden, dass der beim Bundesgerichtshof zugelassene anwaltliche Vertreter der Klägerin oder Rechtsanwalt Dr. W bezüglich der Einlegung der vorliegenden Rechtbeschwerde im Bewusstsein des Fehlens einer wirksamen Vollmacht gehandelt hätten. Insoweit genügt es hier nicht, dass der Nachweis der Vollmacht nach Hinweis des Bundesgerichtshofs nicht gemäß § 80 ZPO durch Vorlage des Originals der Bevollmächtigung von Dr. W vom 14.12.2012 geführt werden konnte. Daraus lässt sich angesichts der vorhandenen Kopie nicht auf eine Kenntnis davon schließen, dass eine wirksame Bevollmächtigung von Rechtsanwalt Dr. W zur Erteilung einer Prozessvollmacht für die Klägerin im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht stattgefunden hatte.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Januar 2024 – VI ZB 88/21

  1. vgl. BGH, Urteil vom 27.05.1986 – IX ZR 152/85, NJW-RR 1986, 1252 15; Beschluss vom 27.03.2002 – III ZB 43/00, NJW-RR 2002, 933 8 mwN; OLG Braunschweig, Beschluss vom 10.06.2020 – 3 W 6/18, BeckRS 2020, 12173 Rn. 72; OLG München, OLGZ 1993, 223; Anders/Gehle/Becker, ZPO, 81. Aufl., § 80 Rn. 16 und 19; BeckOK ZPO/Piekenbrock, Stand 1.09.2023, § 80 Rn. 12; MünchKomm-ZPO/Toussaint, 6. Aufl., § 80 Rn. 12; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 20. Aufl., § 80 Rn. 13; Zöller/Althammer, ZPO, 34. Aufl., § 80 Rn. 7; Saenger/Bendtsen, ZPO, 10. Aufl., § 80 Rn. 9[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 27.05.1986 – IX ZR 152/85, NJW-RR 1986, 1252 15[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 23.06.1994 – I ZR 106/92, BGHZ 126, 266, 267 f. 9 f.; Beschlüsse vom 31.10.2019 – IX ZR 37/19 3; vom 27.03.2002 – III ZB 43/00, NJW-RR 2002, 933 8 mwN[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 31.10.2019 – IX ZR 37/19 2 f.[]
  5. vgl. Zöller/Althammer, ZPO, 35. Aufl., § 80 Rn. 8, § 89 Rn. 9[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2008 – II ZR 255/07, WM 2009, 23 Rn. 16; Beschlüsse vom 31.10.2019 – IX ZR 37/19 4; vom 23.02.2017 – III ZB 60/16, NJW 2017, 2683 Rn. 10; vom 04.03.1993 – V ZB 5/93, BGHZ 121, 397, 400 11 mwN; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 13.10.2022 – 1 BvR 1019/22 27[]