Eine Terminsgebühr fällt an, wenn der Gegner eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Erklärung zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei entgegennimmt[1].

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall verlangt eine Rechtsschutzversicherung von der beklagten Rechtsanwaltsgesellschaft die Rückzahlung einer im Wege des Vorschusses für ein Berufungsverfahren ihres Versicherungsnehmers nach einem Gegenstandswert von 58.883,78 € an diese geleisteten 1,2 Terminsgebühr nebst Umsatzsteuer (1.782,14 €). Die Klage des von der Rechtsanwaltsgesellschaft vertretenen Versicherungsnehmers gegen eine Bank wegen des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags war in erster Instanz abgewiesen, das Urteil am 6.07.2019 zugestellt worden. Die Rechtsanwaltsgesellschaft legte am 6.08.2019 für den Versicherungsnehmer Berufung ein und begründete diese unter dem 8.10.2019. Die Berufung wurde durch das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Im nachfolgenden Kostenfestsetzungsverfahren beantragten die Prozessbevollmächtigten der Bank keine Terminsgebühr für das Berufungsverfahren.
Die Rechtsschutzversicherung verlangt in der Folge die Rückzahlung von 1.782,14 € und ist der Ansicht, eine Terminsgebühr sei nicht entstanden. Die Rechtsanwaltsgesellschaft behauptet, einer ihrer Geschäftsführer habe am 6.08.2019 sowie am 8.10.2019 der Prozessbevollmächtigten der Bank telefonisch einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Diese habe jeweils die Weiterleitung der Vergleichsvorschläge an ihre Mandantin zugesagt.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Köln hat der Klage stattgegeben[2], das Landgericht Köln die Berufung der Rechtsanwaltsgesellschaft zurückgewiesen[3]. Auf die vom Landgericht Köln zugelassene Revision der Rechtsanwaltsgesellschaft hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverwiesen:
Das Landgericht Köln hat in seinem Berufungsurteil ausgeführt, die Rechtsanwaltsgesellschaft könne bereits auf der Grundlage ihres Sachvortrags keine Terminsgebühr beanspruchen. Das erste Telefonat am 6.08.2019 habe keine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung beinhaltet, weil bereits zehn Minuten nach dem Gespräch Berufung eingelegt worden sei, obwohl der Vergleichsvorschlag noch von der gegnerischen Rechtsanwältin an die Bank habe weitergeleitet und besprochen werden müssen. Hinsichtlich des zweiten Telefonats am 8.10.2019 sei maßgeblich, dass die Rechtsanwältin der Bank darin nach dem Klägervorbringen einerseits die Weiterleitung des Vergleichsvorschlags zugesagt, andererseits aber in dem – nur zwei Minuten dauernden – Gespräch erklärt habe, dass sie nicht davon ausgehe, dass Vergleichsbereitschaft bestehe. Jedenfalls für eine solche Fallgestaltung sei die Rechtsprechung dahingehend zu verstehen, dass eine Terminsgebühr nicht allein dadurch anfalle, dass der Gegner die Weiterleitung des Vorschlags an seinen Mandanten zusage.
Diese Ausführungen hielten der rechtlichen Nachprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht stand. Mit der Begründung des Landgerichts Köln lässt sich ein Erstattungsanspruch der Rechtsschutzversicherung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht bejahen:
Es trifft allerdings zu, dass der Rechtsanwalt aus dem Anwaltsvertrag mindestens entsprechend §§ 675, 667 BGB verpflichtet ist, denjenigen Teil eines ihm geleisteten Vorschusses zurückzuzahlen, der die tatsächlich geschuldete Vergütung übersteigt[4]. Zudem ist es richtig, dass im Fall eines rechtsschutzversicherten Mandanten der Rückzahlungsanspruch wegen eines nicht verbrauchten Gebührenvorschusses gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergeht, weil die Rechtsschutzversicherung eine Schadensversicherung ist und der Versicherer mit der Vorschussleistung an den Rechtsanwalt seinem Versicherungsnehmer im Sinne der Bestimmung „einen Schaden ersetzt“[5].
Hingegen kann der Anfall der Terminsgebühr mit der Begründung des Landgerichts Köln nicht verneint werden. Nach § 2 Abs. 2 RVG, Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV RVG verdient der Rechtsanwalt die Terminsgebühr auch durch die Mitwirkung an einer auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Nach der Intention des Gesetzgebers sollte mit dieser Regelung der Anwendungsbereich der Terminsgebühr erweitert werden; die Gebühr soll insbesondere bereits dann verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen mitwirkt, insbesondere, wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Einigung zielen[6].
Dementsprechend stellt der Bundesgerichtshof an das Merkmal der – auch telefonisch durchführbaren[7] – Besprechung keine besonderen Anforderungen und sieht die Terminsgebühr als entstanden an, wenn der Gegner die auf eine Erledigung des Verfahrens gerichteten Äußerungen zwecks Prüfung und Weiterleitung an seine Partei zur Kenntnis nimmt[8] oder sich auch nur an Gesprächen mit dem Ziel einer Einigung interessiert zeigt[9]. Dagegen genügt es nicht, wenn es in dem Gespräch nur um die grundsätzliche Bereitschaft oder abstrakte Möglichkeit einer Einigung[10] oder um Verfahrensabsprachen wie beispielsweise um die Zustimmung zum Ruhen des Verfahrens[11] geht. Verweigert der Gegner von vornherein ein sachbezogenes Gespräch oder eine gütliche Einigung, kommt eine auf die Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung bereits im Ansatz nicht zustande[12]. Die Voraussetzungen für die Auslösung einer Terminsgebühr durch eine außergerichtliche Besprechung können auch in einem Berufungsverfahren, in dem ein Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO erteilt wird, erfüllt sein, wenn die Besprechung bereits vor Erteilung des Hinweises geführt wurde[13].
An diesen Grundsätzen ist auch unter Berücksichtigung einer teilweise abweichenden und von dem Landgericht Köln zugrunde gelegten instanzgerichtlichen Rechtsprechung, wonach die bloße Erklärung des anderen Prozessbevollmächtigten, das Angebot an den Mandanten zur Prüfung weiterzuleiten, nicht genügen soll[14], festzuhalten[15]. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Entstehung der Terminsgebühr führt zu einer einfachen, klaren und rechtssicheren Abgrenzung.
Das Urteil war danach vom Bundesgerichtshof aufzuheben und die Sache ist an das Landgericht Köln zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht Köln wird nunmehr die angebotenen Beweise zum Inhalt der behaupteten beiden Telefonate zu erheben haben.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Juni 2024 – IX ZR 80/23
- Anschluss an BGH, Beschluss vom 20.11.2006 – II ZB 9/06, NJW-RR 2007, 286 Rn. 7[↩]
- AG Köln, Urteil vom 22.02.2022 – 114 C 67/21[↩]
- LG Köln, Urteil vom 30.03.2023 – 22 S 2/22[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.03.2019 – IX ZR 143/18, WM 2019, 738 Rn. 6; vom 16.12.2021 – IX ZR 81/21, ZIP 2022, 217 Rn. 9[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.02.2020 – IX ZR 90/19, ZIP 2020, 561 Rn. 10; vom 16.12.2021 – IX ZR 81/21, ZIP 2022, 217 Rn. 15[↩]
- BT-Drs. 15/1971, S. 148, 209[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 21.01.2010 – I ZB 14/09, ZfSch 2010, 286 Rn. 8[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.11.2006 – II ZB 9/06, NJW-RR 2007, 286 Rn. 7; vom 21.01.2010, aaO Rn. 7; vom 09.05.2017 – VIII ZB 55/16, NZM 2017, 439 Rn. 8[↩]
- BGH, Beschluss vom 27.02.2007 – XI ZB 38/05, NJW 2007, 2858 Rn. 10; vom 09.05.2017, aaO[↩]
- BGH, Beschluss vom 27.02.2007, aaO; vom 21.01.2010, aaO[↩]
- BGH, Beschluss vom 27.02.2007, aaO Rn. 10; vom 06.03.2014 – VII ZB 40/13, ZfSch 2014, 286 Rn. 12[↩]
- BGH, Beschluss vom 20.11.2006, aaO Rn. 8; vom 06.03.2014, aaO Rn. 15; vgl. ebenso BAG, NZA 2013, 395 Rn. 14; BVerwG, ZfSch 2018, 703 Rn. 6[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 13.12.2011 – II ZB 4/11, MDR 2012, 376 Rn. 6 ff[↩]
- vgl. OLG Nürnberg, AnwBl.2006, 495, 496; OVG Hamburg, AGS 2016, 62, 68 f[↩]
- vgl. ebenso Schneider, AGS 2016, 64 f[↩]