Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Berlin können Rechtsreferendare gegenüber dem Prüfungsamt keinen bestimmten Termin auf Abhaltung der mündlichen Prüfung beanspruchen.

Im hier vom Verwaltungsgericht Berlin entschiedenen Fall wollte ein Referendar im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Berlin seine mündliche Prüfung vor dem Gemeinsamen Juristischen Prüfungsamt der Länder Berlin und Brandenburg Anfang des Jahres 2016 abzulegen. Mit der Begründung, ab dem 15.02.2016 ein Praktikum in Asien beginnen zu wollen, begehrte er die Zusage eines Prüfungstermins vor dem 12.02.2016, sofern er zu diesem Zeitpunkt die übrigen Voraussetzungen zur Zulassung zur Prüfung erfülle. Das Verwaltungsgericht Berlin wies den Antrag zurück :
Es sei schon nicht erkennbar, dass der Praktikumsbeginn bei einem etwaigen späteren Prüfungstermin nicht ggf. rückgängig gemacht bzw. verschoben werden könne, da der Rechtsreferendar entsprechende Vorkehrungen auch für den Fall des Nichtbestehens treffen müsse. Jedenfalls bedeute der Umstand, dass der Vorbereitungsdienst in Berlin nach dem Berliner Juristenausbildungsgesetz (JAG) innerhalb von 24 Monaten absolviert werde, nicht, dass der Berliner Gesetzgeber den vollständigen Abschluss des Vorbereitungsdienstes mitsamt aller Prüfungen zwingend innerhalb einer Zweijahresfrist habe vorgeben wollen. Damit ergebe sich aus dem JAG kein Anspruch des jeweiligen Prüflings, wegen privater Dispositionen frühzeitig die Mitteilung über einen konkreten Prüfungszeitpunkt zu erhalten. Vielmehr habe er bei seinen Planungen für seine berufliche und private Zukunft den sich an den Ausbildungszeitraum von 24 Monaten anschließenden Prüfungszeitraum zu berücksichtigen.
Soweit der Rechtsreferendar in erster Linie begehrt, einen mündlichen Prüfungstermin bis zum 31.01.2016 zugesichert zu bekommen, ist bereits die Zulässigkeit des Eil-antrags zweifelhaft, denn der Rechtsreferendar begehrt mit dem Erlass einer einstweili-gen Anordnung für eine Konstellation, deren Eintritt derzeit noch offen ist (Erfüllen der Voraussetzungen für die Zulassung zur mündlichen Prüfung) der Sache nach vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz, der ein besonderes und qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis in Gestalt des Auftretens irreparabler Schäden im Falle des Abwartens voraussetzt. Zum einen trägt der Rechtsreferendar selber vor, dass das von ihm in Aussicht genommene Praktikum voraussichtlich nicht vor dem 15.02.2016 wird beginnen können. Zum anderen aber steht der Vertragsabschluss über das Praktikum noch bevor, und die Angabe des Rechtsreferendars, die von ihm dann ein-zugehende Vertragsbindung sei nicht reversibel, ist nur behauptet. Nicht schlüssig ist hingegen, dass der Rechtsreferendar bei Vertragsabschluss nicht auf einem Passus bestehen könnte, der den Umstand einer eventuell nicht vor dem 15.02.2016 durchführbaren mündlichen Prüfung einbezieht. Alternativ ist es dem Rechtsreferendar zuzumuten, den Vertrag ohne einen solchen Hinweis abzuschließen, das Praktikum aber schlimmstenfalls nicht antreten zu können, da nicht erkennbar ist, dass ihm im Falle des Nichtantritts Regressansprüche drohen würden. Letzteres erscheint auch nicht plausibel, zumal der Rechtsreferendar auch für den Fall des Nichtbestehens der zweiten juristischen Staatsprüfung eine vertragliche Regelung anstreben müsste.
Das Entgehen der behaupteten Praktikumsvergütung von 3.400 € oder auch das Verpassen preislich günstiger Flüge dürften kaum als nicht hinzunehmende irreparable Schäden einzuordnen sein, fällt es doch in die private Disposition des Rechtsreferendars, wenn er sich um eine Praktikumsstelle bemüht hat, ohne offenbar die Zeitnähe zur Prüfung zu bedenken.
Vor allem aber hat der Rechtsreferendar keinen Anordnungsanspruch mit der die Vor-wegnahme der Hauptsache allein rechtfertigenden hohen Wahrscheinlichkeit glaub-haft gemacht (vgl. § 123 Absätze 1 und 3, § 920 Abs. 2 VwGO). Wenn § 14 Abs. 1 JAG – in Einklang mit § 5b DRiG – eine Dauer des Vorbereitungsdienstes von 24 Mo-naten regelt, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass innerhalb dieser Zeit auch die mündlichen Prüfungen absolviert sein müssen. Vielmehr ist der Sache nach die Ausbildungszeit gemeint, denn Abs. 2 der Vorschrift zählt nachfolgend die Dauer der jeweiligen Abschnitte der „Ausbildung“ auf. Das Gericht teilt weiter die Auffassung des Antragsgegners, das § 16 Abs. 1 JAG inhaltlich Regelungen zur Dauer des Vorbereitungsdienstes in Gestalt seiner Ausprägung als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis enthält. Demgegenüber vermag das Gericht nicht die Schlussfolgerung des Rechtsreferendars nachzuvollziehen, aus dem Zusammenspiel beider Vorschriften ergebe sich, dass der Berliner Gesetzgeber den vollständigen Abschluss des Vorbereitungsdienstes mitsamt sämtlicher Prüfungen zwingend inner-halb einer Zweijahresfrist vorgeben wollte, zumal dies bedeuten würde, dass die letz-te Ausbildungsstation infolge der zu absolvierenden mündlichen Prüfung verkürzt wäre. In diesem Zusammenhang ist auch § 16 Abs. 2 Satz 1 JAG zu beachten, der ausdrücklich ein Ende des Vorbereitungsdienstes erst spätestens vier Monate nach Beendigung der Ausbildung vorsieht bzw. in Satz 3 eine Feststellung der Fortdauer des Vorbereitungsdienstes durch die Ausbildungsbehörde unter anderem im Falle von Verzögerungen des Prüfungsverfahrens vorsieht. Für diese sich an Sinn und Zweck des Gesetzes orientierende Auslegung bedarf es nicht einmal einer Heran-ziehung des DRiG. Im Übrigen erschließt sich aber auch nicht, dass § 5d Abs. 3 Satz 4 DRiG in der jetzt gültigen Fassung vom 11.07.2002, wonach die mündlichen Leistungen sich auf die gesamte Ausbildung beziehen, deswegen nicht mehr für die Auslegung von § 14 JAG zu berücksichtigen sein sollte, weil mit dem im Jahr 2006 erfolgten Wegfall von Art. 98 Abs. 3 Satz 2 GG keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes (mehr) bestehe. Davon abgesehen, dass nicht erkennbar ist, dass der Berli-ner Landesgesetzgeber eine inhaltlich von § 5d Abs. 3 Satz 4 DRiG abweichende Regelung vorsehen wollte, zumal § 14 Abs. 1 JAG 2003 durch nachfolgende Änderungsgesetze unangetastet geblieben ist, ist aber vor allem maßgeblich, dass die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Befähigung zum Rich-teramt betreffende Regelungen keinen Zweifeln unterliegt. Wenn man sie nicht schon aus § 74 Abs. 1 Nr. 1 GG herleiten wollte, wäre dann aber § 74 Abs. 1 Nr. 27 GG heranzuziehen[1]. Die aufgehobene Einräumung einer Rahmenkompetenz des Bundes bezog sich allein auf die Rechtsstellung der Richter der Länder betreffende Regelungen.
Soweit der Rechtsreferendar ferner den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf die Zusicherung eines mündlichen Prüfungstermins bis spätestens 12.02.2016 begehrt, hat er schon keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der An-tragsgegner hat es bisher nicht abgelehnt, die vom Rechtsreferendar geltend gemachten persönlichen Interessen zu berücksichtigen, sobald die Prüfungstermine von ihm festgelegt sind, sondern durchaus seine grundsätzliche Bereitschaft hierzu zu erken-nen gegeben. Ungeachtet der Unsicherheit, ob der Rechtsreferendar überhaupt die Zu-lassungsvoraussetzungen erfüllen wird, gilt hier insbesondere, dass sein Wunsch nach frühzeitiger Sicherheit, um private Dispositionen treffen zu können, kein Eilbe-dürfnis begründet. Zudem besteht kein Anordnungsanspruch. Nach dem oben Ge-sagten hat der Landesgesetzgeber in den Regelungen des JAG der Prüfungsbehör-de einen Spielraum für die Festlegung der Prüfungstermine belassen. Eine Rechts-pflicht, diese unmittelbar mit dem Ende des 24. Ausbildungsmonats beginnen zu las-sen, lässt sich dem JAG nicht entnehmen. Dem korrespondierend ergibt sich aus dem JAG kein Anspruch des jeweiligen Prüflings, wegen privater Dispositionen früh-zeitig die Mitteilung über einen konkreteren Prüfungszeitpunkt zu erhalten. Vielmehr hat jener bei seinen Planungen für seine berufliche und private Zukunft den sich an den Ausbildungszeitraum von 24 Monaten anschließenden Prüfungszeitraum zu be-rücksichtigen.
Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 15. Juli 2015 – 15 L 2072 – 015
- vgl. zum Meinungsstand Schmidt/Räntsch, DRiG, 6. Aufl.2009, Rn. 2 ff.[↩]