Nach § 7 Nr. 5 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn der Bewerber sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben.

Unwürdig ist insbesondere ein Verhalten, das sich in Straftaten zeigt, die sich gegen Rechtsgüter richten, die für die anwaltliche Berufsausübung von unmittelbarer Bedeutung sind[1]. Dabei sind bei der Entscheidung alle erheblichen Umstände abzuwägen, wie etwa der Zeitablauf und die zwischenzeitliche Führung des Rechtsanwalts. Es ist einerseits das berechtigte Interesse des Bewerbers nach beruflicher und sozialer Wiedereingliederung gegen das Interesse der Öffentlichkeit, insbesondere der Rechtsuchenden, an der Integrität des Anwaltsstandes wertend abzuwägen[2]. Dabei muss unter Berücksichtigung der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG dem Interesse an einer beruflichen Wiedereingliederung des Antragstellers erhebliches Gewicht beigemessen werden[3]. Eine Versagung der Zulassung setzt voraus, dass das vorausgegangene Verhalten des Antragstellers die Prognose zulässt, er werde zukünftig eine Gefährdung für wichtige Belange der Rechtspflege darstellen.
Im vorliegenden Fall stützte die Rechtsanwaltskammer ihre Ablehnung auf die strafrechtliche Verurteilung des Klägers durch Strafbefehl wegen der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung. Die Richtigkeit solcher Versicherungen ist für die Rechtspflege von erheblicher Bedeutung. Der Kläger als Jurist kann sich auch nicht mit Erfolg damit verteidigen, dass ihm der Gerichtsvollzieher erklärt habe, er brauche die Konten ohne Guthaben bzw. mit verpfändeten Guthaben nicht anzugeben. Andererseits ergibt sich in dieser Sache aus den Strafakten, dass die falschen Angaben des Klägers in der eidesstattlichen Versicherung im Ergebnis auch für die Gläubiger des Klägers ohne Bedeutung waren. Allerdings gab es nach den Strafakten noch ein weiteres nicht angegebenes Konto bei der U. I. S. Bank AG. Dies wies ein Guthaben von 76,65 Euro per 12.12 2011 auf, wobei der Bank die Pfändung dieses Kontos zugunsten des Landes Niedersachsen und zugunsten des Landes Brandenburg angezeigt worden war. Auch dieses Konto hat somit für Vollstreckungsmöglichkeiten keine Rolle gespielt. Weiter ist aus den Strafakten ersichtlich, dass der Kläger jedenfalls das Konto bei der U. I. Bank gegenüber dem Insolvenzverwalter angegeben hatte.
Auch das Strafmaß von 40 Tagessätzen spricht dafür, dass das Amtsgericht nur von einer geringen Schuld ausgegangen ist. Ferner ist zugunsten des Klägers zu beachten, dass der Strafbefehl zwar erst am 21.09.2012 erlassen worden ist, die zugrunde liegende Tat aber am 25.05.2010 begangen wurde, somit bei Antragstellung drei Jahre zurücklag. Allein diese strafgerichtliche Verurteilung lässt den Kläger nicht als unwürdig erscheinen, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben.
Daneben hat der Kläger in seinem Antrag auf Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft die Frage nach strafgerichtlichen Verurteilungen – wahrheitswidrig – verneint. Zwar ist es richtig, dass ein Strafbefehl über 40 Tagessätze nach § 32 Abs. 2 Ziffer 5 BZRG nicht in das Führungszeugnis aufgenommen wird, in dem vom Kläger auszufüllenden Fragebogen ist aber deutlich nicht nur nach in ein Führungszeugnis aufzunehmenden Verurteilungen, sondern nach allen Verurteilungen gefragt. Ferner enthält der Fragebogen den Hinweis, dass die Rechtsanwaltskammer gemäß §§ 36 Abs. 1 und 2 BRAO, 41 BZRG ein Recht auf uneingeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister hat, dies umfasst nach § 41 Abs. 1 BZRG auch Eintragungen, die in ein Führungszeugnis nicht aufgenommen werden. Weiter heißt es in dem Fragebogen, dass nur im BZR bereits getilgte Verurteilungen nicht angegeben werden müssten. Danach hätte der Kläger erkennen können und müssen, dass der Strafbefehl anzugeben war.
Da im Ergebnis die strafgerichtliche Verurteilung jedoch nicht geeignet war, dem Kläger die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu verweigern, lässt auch dieses mit der Antragstellung verbundene Fehlverhalten noch nicht die Prognose zu, der Kläger werde künftig eine Gefährdung für wichtige Belange der Rechtspflege darstellen.
Unter Berücksichtigung der Bedeutung des Grundrechts aus Artikel 12 GG reichen auch beide Verhaltensweisen zusammen noch nicht aus, dem Kläger nach § 7 Nr. 5 BRAO die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen.
Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Rechtsanwaltskammer nunmehr verpflichtet ist, den Kläger zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen, denn § 7 BRAO verlangt eine Gesamtschau unter Berücksichtigung aller Umstände. Die Rechtsanwaltskammer hat, da sie bereits die strafrechtliche Verurteilung und die falsche Angabe im Zulassungsantrag für ausreichend angesehen hat, die Zulassung zu verweigern, die sonstigen Verhältnisse des Klägers, insbesondere auch die wirtschaftliche Situation, nicht geprüft. Es fehlt auch an näheren Angaben zu der im Lebenslauf nicht aufgeführten Tätigkeit bei der Firma T. Kurierdienst.
Es ist deshalb festzustellen, dass die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht allein wegen der strafrechtlichen Verurteilung durch das Amtsgericht W. vom 21.09.2012 und der falschen Angabe im Zulassungsantrag zu strafgerichtlichen Verurteilungen versagt werden kann. Die Rechtsanwaltskammer ist unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22.08.2013 zu verpflichten, den Antrag auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Anwaltsgerichtshof Celle – Urteil vom 09. Dezember 2013 – AmtsgerichtH 19/13 (II 11/15)