Der Verfahrensbeistand in einer Kindschaftssache – und die Ausschlussfrist für seine Vergütung

Die 15monatige Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Vergütung des Verfahrensbeistands in einer Kindschaftssache beginnt zu laufen, wenn der Verfahrensbeistand seine Tätigkeit aufnimmt[1].

Der Verfahrensbeistand in einer Kindschaftssache – und die Ausschlussfrist für seine Vergütung

Wird die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt, erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 € (§ 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG). Im Fall der Übertragung erweiterter Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 € (§ 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG).

Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, findet auf diesen Vergütungsanspruch die Ausschlussfrist von 15 Monaten nach § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB entsprechende Anwendung[2]. Der Vergütungsanspruch erlischt daher, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung geltend gemacht wird.

Ob für den Fristbeginn der Ausschlussfrist auf das Entstehen des Vergütungsanspruchs mit Aufnahme der Tätigkeit oder auf deren Ende abzustellen ist, hat der Bundesgerichtshof bisher offengelassen. Die Frage wird in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur uneinheitlich beurteilt.

Nach einer Auffassung beginnt die Ausschlussfrist bereits zu laufen, sobald der Verfahrensbeistand seine Tätigkeit aufnimmt, da zu diesem Zeitpunkt sein Vergütungsanspruch entstehe[3].

Nach anderer Auffassung ist auf das Ende der Tätigkeit des Verfahrensbeistands abzustellen. Zwar entstehe der Vergütungsanspruch mit Aufnahme der vergütungspflichtigen Tätigkeit. Für dieses Verständnis der „Entstehung“ des Anspruchs sei allerdings dort kein Raum, wo das Gesetz die Vergütung nicht mehr an eine bestimmte Tätigkeit oder überhaupt an ein Tätigwerden anknüpfe, sondern wie bei der Betreuung eine vom konkreten Arbeitseinsatz losgelöste und nur noch formal an die fortbestehende Dauer anknüpfende Vergütung zubillige. In solchen Fällen sei auf die Beendigung der Tätigkeit abzustellen. Da auch der berufsmäßige Verfahrensbeistand eine pauschalierte; vom konkreten Arbeitseinsatz losgelöste Vergütung erhalte, beginne die Ausschlussfrist für ihn erst mit Beendigung der Verfahrensbeistandschaft zu laufen[4]. Andernfalls könne sogar in Einzelfällen, in denen die Führung der Verfahrensbeistandschaft sehr lange dauere, die Vergütung ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr geltend gemacht werden, obwohl die Tätigkeit des Verfahrensbeistands noch andauere[5].

Die erstgenannte Auffassung, der sich auch das Oberlandesgericht Naumburg in der hier angefochtenen Entscheidung[6] angeschlossen hat, ist zutreffend.

Zwar hat der Bundesgerichtshof für die Betreuervergütung entschieden, dass die Ausschlussfrist des § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. § 2 VBVG frühestens mit dem Ablauf des einzelnen Betreuungsmonats beginnt. Dieses ist darauf gestützt worden, dass für ein Verständnis, der Anspruch entstehe fortlaufend tageweise, dort kein Raum ist, wo das Gesetz die Vergütung des Berufsbetreuers nicht mehr an eine bestimmte Tätigkeit oder überhaupt an ein Tätigwerden anknüpft, sondern dem Betreuer eine von seinem konkreten Arbeitseinsatz losgelöste und nur noch formal an die fortbestehende Dauer der Betreuung anknüpfende Vergütung zubilligt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Betreuer in dem zu vergütenden Betreuungsmonat auch tatsächlich für den Betreuten überhaupt oder in dem vom Gesetz pauschalierend unterstellten Umfang tätig geworden ist. In dieser Konstellation ist es konsequent, dass der Vergütungsanspruch grundsätzlich erst mit dem Ablauf des einzelnen Betreuungsmonats zur Entstehung gelangt und deshalb auch die Ausschlussfrist jedenfalls nicht vor diesem Zeitpunkt in Lauf gesetzt werden kann[7].

Im Unterschied dazu steht die Vergütung des Verfahrensbeistands in einer Kindschaftssache unter anderen gesetzlichen Voraussetzungen. Der Anspruch entsteht nicht wie bei der Betreuung in periodischen Abständen, losgelöst von der Entfaltung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit, und kann jeweils erst nach drei Monaten geltend gemacht werden (§ 9 VBVG), sondern er entsteht einmalig und in Abhängigkeit von der konkret entfalteten Tätigkeit.

Der gesamte Vergütungsanspruch entsteht in dem Moment, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben begonnen hat. Zwar ist allein die Entgegennahme des Bestellungsbeschlusses nicht ausreichend. Es genügt jedoch für das Entstehen der Vergütungspauschale, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist[8]. Anknüpfungspunkt für die Vergütung des Verfahrensbeistands ist demnach gerade nicht, wie bei der Betreuung, die fortbestehende Dauer seiner Bestellung, aber auch nicht die Beendigung seiner Tätigkeit mit Abschluss des jeweiligen Rechtszuges[9].

Entsteht jedoch der Anspruch bereits vollständig mit der ersten Tätigkeit des Verfahrensbeistands gemäß seiner Bestellung, kann nur dieser Anknüpfungspunkt den Lauf der Ausschlussfrist auslösen[10].

Nach diesem Grundsatz war der Vergütungsanspruch der Beteiligten zu 1 im Zeitpunkt seiner Geltendmachung bereits erloschen. Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht daraus, dass Verfahrensbeistände anders als es im örtlichen Gerichtsbezirk gegenüber Sachverständigen und Betreuern üblich ist nicht durch Merkblätter auf die Ausschlussfrist hingewiesen werden.

Vom Verstreichen der Ausschlussfrist erfasst wird auch die Mehrvergütung, die auf dem gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erweiterten Aufgabenkreis beruht. Denn um die erhöhte Vergütung beanspruchen zu können, muss der Verfahrensbeistand die ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten nicht bereits aufgenommen haben, vielmehr entsteht die Vergütungserhöhung bereits bei der Übertragung der Aufgaben[11], so dass es hinsichtlich des Laufs der Ausschlussfrist bei der einheitlichen Anknüpfung an die erste Aufnahme einer bestellungsgemäßen Tätigkeit verbleibt. Daher liegt der Zeitpunkt der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs auch insoweit außerhalb der Ausschlussfrist.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Februar 2019 – XII ZB 495/18

  1. Fortführung von BGH, Beschluss vom 05.10.2016 XII ZB 464/15 FamRZ 2017, 231[]
  2. BGH, Beschluss vom 05.10.2016 XII ZB 464/15 FamRZ 2017, 231 Rn. 16 ff.[]
  3. Prütting/Helms/Hammer FamFG 4. Aufl. § 158 Rn. 63; Zorn FamRZ 2017, 234; vgl. auch Adamus jurisPRFamR 6/2017 Anm. 4[]
  4. OLG Zweibrücken MDR 2015, 772, 773; OLG Hamm Beschluss vom 06.11.2015 6 WF 106/15 11; Felix Rpfleger 2016, 189, 198[]
  5. Schneider FamRB 2015, 253[]
  6. OLG Naumburg, Beschluss vom 29.08.2018 8 WF 167/18[]
  7. vgl. BGH, Beschluss vom 28.05.2008 XII ZB 53/08 FamRZ 2008, 1611 Rn. 29 f.[]
  8. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 XII ZB 682/12 FamRZ 2014, 373 Rn. 17 mwN[]
  9. BGH, Beschluss vom 15.09.2010 XII ZB 268/10 FamRZ 2010, 1896 Rn. 30[]
  10. ähnlich bereits Zorn FamRZ 2017, 234; Bork/Jakoby/Schwab/Zorn FamFG 3. Aufl. § 158 Rn. 45; Keuter ZKJ 2017, 69 und FamRZ 2018, 14[]
  11. BGH, Beschluss vom 27.11.2013 XII ZB 682/12 FamRZ 2014, 373 Rn.20 ff.[]