m Rahmen einer fehlerhaften Rechtsberatung – hier: unterlassener Hinweis auf drohende Verjährung – hat der Mandant erst dann Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wenn für ihn Anhaltspunkte bestehen, die eine Pflichtverletzung des Rechtsanwalts nahelegen.

In dem hier vom Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen entschiedenen Fall bestanden gegen die Annahme einer Pflichtverletzung bestehen grundsätzlich keine Bedenken: Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass im Rahmen des übernommenen Mandats auf die Möglichkeit der drohenden Verjährung etwaiger Ansprüche hinzuweisen ist[1]. Strittig war allein die Frage, ob der Schadensersatzanspruch bereits verjährt war – genauer: wann der Lauf der Verjährung begonnen hat.
Der Schaden war gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Ablauf der Verjährungsfrist bereits entstanden. Hat der Rechtsanwalt durch das Verjährenlassen einer Forderung des Mandanten eine Pflicht aus dem Anwaltsvertrag verletzt, dann entsteht der Schaden mit der Vollendung der Verjährung, wobei es unerheblich ist, ob sich der Gegner bereits auf die Einrede berufen hat. Zwar ist die Verjährungseinrede nur zu berücksichtigen, wenn sie von dem Schuldner erhoben wird, nach der Lebenserfahrung ist aber zumindest bei streitigen Ansprüchen davon auszugehen, dass der Schuldner von dieser Einrede Gebrauch machen wird[2].
Auf den vorliegenden Sachverhalt finden auch bereits die verjährungsrechtlichen Vorschriften der §§ 194 ff. BGB und nicht die früheren Sonderverjährungsregelungen für Rechtsanwälte Anwendung finden, weil der Schaden auf der Grundlage des Parteivorbringens nach dem 15.12.2004 entstanden ist[3].
Der Lauf der Verjährungsfrist beginnt erst dann, wenn der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Im Rahmen einer Rechtsberatung kann allerdings nicht darauf verwiesen werden, dass dem Mandanten mit der Durchführung der Beratung bereits alle Umstände bekannt sind, die eine Haftung begründen können. Zu den den Anspruch begründenden Umständen gehört auch, dass für den Gläubiger Anhaltpunkte gegeben sind, die auf eine nicht ordnungsgemäße rechtliche Beratung schließen lassen[4]. Dem Gläubiger muss es – wie etwa in Fällen einer ärztlichen Fehlbehandlung – möglich sein, aus den ihm bekannten Umständen Schlüsse zu ziehen, die eine Pflichtverletzung des Schuldners nahelegen[5]. Dies kann der Fall sein, wenn sich der Prozessgegner bereits auf Verjährung berufen hat oder dem Mandanten die Möglichkeit der Verjährung bewusst war[6].
Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 17. Oktober 2012 – 1 W 37/12
- BGH NJW 2011, 2889 m.w.N.[↩]
- BGH NJW 2001, 3543, 3544 m.w.N.[↩]
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.02.2012 – 24 U 77/11[↩]
- Chab in: Zugehör/G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 3. Aufl., Rn. 1472; ders., BRAK-Mitt. 5/2010, 208; Fahrendorf in: Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn. 1108 m.w.N.[↩]
- vgl. BGH NJW 2001, 885, unter II.1.a[↩]
- vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.02.2012 – 24 U 77/11; OLG Stuttgart, Urteil vom 13.04.2010 – 12 U 189/09; BGH NJW 2012, 673, Tz. 14[↩]