Ob ein nach § 74 BRAO ergehender Bescheid stets von allen an der Entscheidung beteiligten Vorstandsmitgliedern der Rechtsanwaltskammer unterzeichnet werden muss, ist streitig und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt.

Der Bundesgerichtshof hat es jedenfalls nicht für erforderlich gehalten, dass alle Vorstandsmitglieder, die an der Beschlussfassung mitgewirkt haben, unterschreiben, wenn sie im Bescheid namentlich benannt werden[1].
Die Form eines Widerrufsbescheides sowie das einzuhaltende Verfahren ergeben sich, worauf der Bundesgerichtshof bereits hingewiesen hat[2], 7)), aus dem Gesetz. Nach § 34 BRAO sind Verwaltungsakte, durch welche die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer begründet oder versagt wird oder erlischt, zuzustellen. Damit wird zugleich der Verwaltungsakt als Handlungsform vorgeschrieben, für den die allgemeinen Vorschriften des (jeweiligen) Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten (§§ 35 ff. VwVfG).
Auch die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammern ist gesetzlich geregelt. Nach § 33 Abs. 1 BRAO sind die Rechtsanwaltskammern für die Ausführung der Bundesrechtsanwaltsordnung und der auf deren Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen zuständig, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Durch welche Organe die Rechtsanwaltskammern handeln, folgt aus §§ 63 ff. BRAO. Jede Rechtsanwaltskammer hat einen Vorstand (§ 63 Abs. 1 BRAO). Diesem obliegen die der Rechtsanwaltskammer in der Bundesrechtsanwaltsordnung zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse (§ 73 Abs. 1 Satz 2 BRAO). Der Vorstand kann mehrere Abteilungen bilden (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BRAO), die innerhalb ihrer Zuständigkeit die Rechte und Pflichten des Vorstandes besitzen (§ 77 Abs. 5 BRAO).
Das einzuhaltende Verfahren ergibt sich aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz, auf welches die Vorschrift des § 32 BRAO verweist, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Der Widerrufsbescheid der Rechtsanwaltskammer erfüllt sowohl der äußeren Form nach als auch inhaltlich alle Merkmale eines Verwaltungsaktes, wernn er die Rechtsanwaltskammer als die erlassende Behörde erkennen lässt, zwischen dem Widerruf als dem verfügenden Teil des Verwaltungsaktes und seiner Begründung (§ 39 Abs. 1 VwVfG) unterscheidet, die Unterschrift des Präsidenten oder des Vizepräsidenten als dessen Vertreter trägt (§ 37 Abs. 3 VwVfG), mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen ist und zugestellt wurde (§ 34 BRAO).
Einzelheiten der Beschlussfassung brauchten nicht mitgeteilt zu werden[3]. Die Beschlussfassung als solche ist nicht Bestandteil des Widerrufs, sondern nur dessen Grundlage.
Form und Verfahren des Widerrufs der Anwaltszulassung sind im Gesetz hinreichend klar geregelt. Das hat der Bundesgerichtshof bereits im Beschluss vom 15.10.2012[4] ausgeführt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. September 2015 – AnwZ (Brfg) 41/15